5-Punkteplan für Deutschland: Mobilitätswende


Schlüsseltechnologien für eine Führungsposition in der Mobilitätswende

Anfang Januar stellte Andreas Varesi seinen Zukunftsplan für Deutschland vor: Fünf zentrale Handlungsfelder, mit denen das Land seine Innovationsführerschaft zurückgewinnen kann. Die vollständige Analyse ist hier abrufbar: Wie Deutschland wieder Innovationsführer werden kann.

Deutschland war einst ein globaler Innovationsmotor der Automobilindustrie. Doch während die Elektromobilität weltweit rasant voranschreitet, verliert die deutsche Industrie zunehmend an Boden. Wenn Deutschland seine führende Rolle in der Mobilitätswende zurückgewinnen will, sind entschlossene Maßnahmen in zentralen Technologiefeldern erforderlich.

Hier sind sechs Schlüsseltechnologien, die für die Zukunft der Mobilität entscheidend sind – und was geschehen muss, damit Deutschland wieder vorne mitspielt.

1. Feststoffbatterien – Die nächste Generation der Energiespeicher

Status quo

Deutsche Hersteller wie Volkswagen, Mercedes-Benz und BMW investieren in die Entwicklung von Feststoffbatterien, die Reichweite, Sicherheit und Ladezeiten erheblich verbessern sollen. Doch Unternehmen aus den USA und Asien sind bereits weiter. Anders als bei Lithium-Ionen-Batterien ist der Wettlauf um die Technologieführerschaft aber noch nicht entschieden.

Notwendige Maßnahmen

  • Forschung gezielt fördern und nicht nur Laborentwicklungen unterstützen, sondern auch die Skalierung in die Massenproduktion forcieren.
  • Serienproduktion vorbereiten, indem frühzeitig Gigafactories für Feststoffbatterien geplant werden, um Skaleneffekte zu realisieren.
  • Investitionsanreize schaffen, beispielsweise durch steuerliche Vorteile für Forschungs- und Produktionsstandorte.

2. Autonomes Fahren – Sicherheit und Intelligenz auf der Straße

Status quo

Während deutsche Hersteller wie Mercedes-Benz und BMW bei Level-3-Systemen führend sind, dominieren Waymo (USA) und Baidu (China) die Entwicklung von Robotaxis. Hier droht Deutschland ins Hintertreffen zu geraten.

Notwendige Maßnahmen

  • Regulatorische Hürden abbauen, indem Testzonen für autonomes Fahren beschleunigt genehmigt werden.
  • KI-Kompetenzen stärken, durch enge Kooperationen mit Software-Unternehmen.
  • Datenschutz als USP nutzen, um autonomes Fahren „Made in Germany“ als Sicherheitsstandard zu etablieren.

3. Photovoltaik-integrierte Fahrzeuge – Energieeffizienz der Zukunft

Status quo

Die Integration von Solartechnologie in Fahrzeugkarosserien birgt großes Potenzial. Während deutsche Projekte wie das Solarauto Sion mangels Risikokapital gescheitert sind, treiben Toyota und Lightyear die Entwicklung voran.

Notwendige Maßnahmen

  • Forschung in ultraleichte, hocheffiziente Solarmodule intensivieren.
  • Industrieübergreifende Kooperationen zwischen Automobil- und Photovoltaik-Branche fördern.
  • Subventionen für Prototypen und Start-ups schaffen, um Innovationen abzusichern.

4. Datenschutz bei vernetzten Fahrzeugen – Vertrauen als Wettbewerbsvorteil

Status quo

Datenschutz wird zu einem kritischen Faktor. In den USA wurden bereits chinesische Fahrzeuge wegen Sicherheitsbedenken verboten. Deutsche Hersteller haben zwar hohe Datenschutzstandards, jedoch auch eigene Datenschutzprobleme.

Notwendige Maßnahmen

  • Internationale Datenschutz-Standards mitgestalten, um eine führende Rolle zu übernehmen.
  • Transparenz für Verbraucher schaffen, damit Fahrer wissen, welche Daten erhoben werden.
  • Datenschutz als Markenversprechen etablieren, um einen echten Wettbewerbsvorteil gegenüber asiatischen und amerikanischen Herstellern zu erzielen.

5. Radnabenmotoren – Effizienzsteigerung für die Elektromobilität

Status quo

Das deutsche Start-up DeepDrive entwickelt innovative Doppelrotor-Radnabenmotoren, die den Energieverbrauch senken und das Fahrzeuggewicht optimieren. Doch um die Technologie in Serie zu bringen, fehlen Investitionen und staatliche Förderung.

Notwendige Maßnahmen

  • Kooperationen zwischen Start-ups und OEMs fördern, um Innovationen schneller auf die Straße zu bringen.
  • Mehr Risikokapital für zukunftsträchtige Technologien, vergleichbar mit den Investitionsmodellen in den USA und Israel.
  • Schnellere Integration in Serienfahrzeuge, da Förderprojekte oft am Übergang von der Forschung zur Markteinführung scheitern.

6. Bidirektionales Laden – Elektroautos als Teil der Energiewende

Status quo

Bidirektionales Laden (Vehicle-to-Grid, V2G) ermöglicht es, Elektroautos als mobile Energiespeicher zu nutzen. The Mobility House und TenneT zeigen in Pilotprojekten, dass Fahrzeuge Strom ins Netz einspeisen können. Dies könnte Netzstabilität verbessern und langfristig kostenfreies Laden ermöglichen.

Laut dem Fraunhofer ISE liegt der Speicherbedarf für die Energiewende 2030 bei 104 GWh. 2,1 Millionen bidirektional ladende E-Autos könnten diesen Bedarf decken – mit einem prognostizierten Fahrzeugbestand von 8 Millionen E-Autos in Deutschland wären sogar 400 GWh verfügbar.

Notwendige Maßnahmen

  • Rechtliche Rahmenbedingungen vereinfachen, damit V2G ohne Bürokratieeinschränkungen genutzt werden kann.
  • Netzgebühren abschaffen, wenn Elektroautos netzdienlich laden und einspeisen.
  • ISO-15118-2x-Standard verpflichtend machen, damit bidirektionales Laden flächendeckend unterstützt wird.

Fazit: Verliert Deutschland die Mobilitätswende?

Deutschland hat in vielen dieser Schlüsselbereiche noch die Chance, eine Führungsrolle einzunehmen. Doch die aktuellen Anstrengungen von Regierung und Automobilindustrie reichen nicht aus, um den Rückstand auf die USA und China aufzuholen.

Wenn weiterhin auf Technologieoffenheit und Zögern gesetzt wird, droht nicht nur der Niedergang des größten Industriezweigs Deutschlands, sondern auch der Verlust wirtschaftlicher Souveränität.

In den kommenden Beiträgen wird Andreas Varesi darauf eingehen, wie Deutschland auch in den Bereichen Biotechnologie, Künstliche Intelligenz und Bildung wieder Innovationsführer werden kann.